Shagya-Araber – der Steckbrief
Größe | 152 – 163 cm Stockmass, ca 450 – 550 kg Gewicht |
Körperbau | kompakt, großrahmiges Rechteckformat |
Kopf | edel und ausdrucksvoll |
Hals | mittellang, elegant |
Farben | Schimmel, alle Grundfarben, keine Schecken |
Charakter | gehwillig, gutmütig, intelligent, ausdauernd, einfühlsam, zuverlässig, mutig |
Gang | leichtfüssig, schwungvoll, raumgreifend, kraftsparend |
Typ | edles Warmblut |
Ursprung | KuK-Monarchie, Zucht seit 1789, Reinzucht seit 1806 |
Verwendung | ausdauernd, schnell, springbegabt, trittsicher, geeignet für Vielseitigkeit, Distanz, Fahrsport, Gelände |
Besonderheiten der Shagya-Araber
Arabische Pferde verfügen über extrem trockene Textur und hohe Knochendichte, feine Haut und eher kleine, harte Hufe. Sie sind äußerst genügsam und robust, Hitze und Kälte vertragen sie gut, aber Nässe mögen sie nicht. Die Kopfsilhouette wird von großen, feingeränderten Nüstern begrenzt, die ein großes Luftvolumen beim Atmen und zusätzliche Abkühlung ermöglichen (wie die Hechelatmung bei einem Hund). Im ausdrucksstarken Gesicht imponieren große, dunkle Augen, die mehr nach vorn angeordnet sind als bei anderen Pferden. Das ermöglicht einen intensiven Blickkontakt. Araber haben oft eine Rippe und ein paar Wirbel weniger als andere Pferde, ihr Rücken ist daher oft eher kurz.
Verwendung und Eignung
Ursprünglich züchtete der Staat Shagya-Araber für ausdauernden Einsatz beim Militär und zur Veredelung der Landespferdezucht. Sie eignen sich daher besonders für ausgiebige Bewegung, auch in unwegsamen Gelände,
egal ob unter dem Reiter oder vor dem Wagen. Das stellten sie oft in Vielseitigkeitsprüfungen (früher Military) unter Beweis, insbesondere so lange diese Prüfungen noch viele km lang waren (1928 – 55 km). Heute sind es vor allem Wettkämpfe im Distanzreiten, wo Shagya-Araber um nationale und auch internationale Titel mitkämpfen.
Besondere Leistungen
Shagya-Araber haben in jeder Reitsportdisziplin, von Dressur, Springen, Military bis zum Western- und Distanzreiten, sowie im Fahrsport, eigens dafür gezüchtete Spezialisten bis in die höchsten Klassen geschlagen – eine Leistung, die von keiner anderen Rasse vorgewiesen werden kann.
Weltmeister im Distanzreiten
2006 – Hungares
Der 33jährige Spanier Miguel Vila Ubach gewann 2006 in Aachen die Weltmeisterschaften im Distanzreiten in der Einzelwertung. Er benötigte für die 160 km lange Strecke 9 Stunden, 12 Minuten und 27 Sekunden Reitzeit (zuzüglich Pausen) und hatte am Ende 4 Minuten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten. Der Shagya-Araber Wallach Hungares wurde 1998 in Bábolna als Siglavy Bagdady VIII-1 geboren und dort bereits dem Spezialtraining für talentierte Distanzpferde unterzogen. 2004 kaufte Miguel Vila Ubach aus Spanien den Wallach.
Es sind regelmässig Shagya-Araber bei Weltmeisterschaften am Start. 2005 nahm Joanna, ShA, 1993, CH-Zug, von Amor Gazal XII (Báb), 1971, D-Ankum, aus der Jourkaida, 1982, D-Ostbevern in Dubai unter ihrer Besitzerin Gabi Haldemann erfolgreich teil, d.h. sie beendete den Ritt in der Wertung. In den extrem feuchten und heissen Bedingungen in Malaysia kamen von 126 Startern nur 48 ins Ziel, auch die gestarteten Shagya-Araber mußten aufgeben.
Besonders beeindruckend ist die Lebensleistung einiger Distanzpferde: zum Beispiel die Balios-Tochter Tamunis, die dreimal die deutschen Jugendmeisterschaften bestritt und mit je einem ersten, zweiten und dritten Platz beendete. Außerdem nahm sie an zwei Jugend-Weltmeisterschaften im Distanzreiten teil. Ein anderes Beispiel ist der Wallach Dandolo (Nasrallah x Daphne von Darimahn), der insgesamt mehr als 6.000 Wettkampfkilometer unter seine Huf nahm.
Springreiten
Vielen Shagya-Arabern liegt das Springen im Blut. Zuletzt haben die Hengste Gadar und sein Sohn Galan im Springsport bis Kl. S Siege errungen. Der Shagya-Araber Bajar, selbst bis Kl. S erfolgreich, hat seine Veranlagung zum Springen so sicher vererbt, dass er mit Bachus sogar eine Hengstlinie in der auf Springsport spezialisierten Holsteiner Zucht begründen konnte. Seine Tochter White Girl erreichte 1993 die Bronze-Medaille bei Europameisterschaften in der Vielseitigkeit. Aktuell sind der Hengste Bahrain im Springsport aktiv, als Sohn des Bazar ein Enkel des Bajar.
Vielseitigkeit und mehr
Die Kombination Springbegabung und Ausdauer sowie vielfältige weitere Begabungen werden in der Vielseitigkeit abgefragt. Der Shagya-Araber Nasrallah hat seinerzeit die Bayrischen Meisterschaften gewonnen. In der Schweiz hat Bahadur Platzierungen bis Kl L und CIC* in dieser Disziplin über Jahre erreicht. Insgesamt hat dieser Hengst unter seiner Reiterin über 100 Platzierungen in Vielseitigkeit, Springen und Dressur bis Kl. M erzielt. Er war außerdem auf Distanzritten bis 120 km erfolgreich unterwegs. Sein Sohn Basyl hat in Deutschland und Frankreich ebenso über 100 Platzierungen in Dressur und Springen bis Kl. M und Vielseitigkeit bis CIC** erreicht. Bahadurs Reiterin Sabine Uschmann ist derzeit mit Shyro im Dressursport auf dem Sprung von Kl. L zu M. Die beiden nehmen außerdem an Vielseitigkeit- und Springprüfungen sowie Xtreme-Trail-Prüfungen teil.
Der Kosmonaut-Sohn Olymp hat drei Hengstleistungsprüfungen absolviert: neben der ISG-Hengstleistungsprüfung für arabische Pferde in Kreuth legte er die Hengstleistungsprüfung im Turniersport über Erfolge in der Vielseitigkeit bis Kl. L und im Distanzsport mit mehr als 2000 Wettkampfkilometern ab.
Fahrsport
Der Shagya-Araber im Gespann ist eine besondere Augenweide. Besonders die ungarische Anspannung mit fünf Zugpferden sorgt immer wieder für Bewunderung. Der ehemalige Gestütsleiter Tibor von Pettko-Szandtner war ein begnadeter Fahrer, der in den 1930iger Jahren regelmässig die Fahrprüfungen beim internationalen Turnier in Aachen gewann.
Daphne von Darimahn a.d. Semira von Sambesi ox war dreijährig für die Weltmeisterschaften im Einspänner qualifiziert. Heute sind nur noch wenige Shagya-Araber auf Fahrturnieren unterwegs. Aber in vielen Ländern werden Shagya-Araber regelmässig angespannt. So zum Beispiel auch in der Schweiz, wo der Deckhengst Duban neben Distanzrennen, Vielseitigkeit und Jagden auch im Arbeitsgeschirr bei der Feldarbeit eingesetzt wird.
Dressur
Der Schweizer Shagya-Araber Deckhengst Bahadur war in vielen Disziplinen unterwegs, in der Dressur erreichte er Platzierung bis Kl. M. Sein Sohn Basyl ist ebenso vielseitig und in der Dressur bis Kl. M siegreich. Bahadurs Enkel KB Tomega Fahim ist in Amerika auf Dressurplätzen unterwegs, zur Zeit wegen Corona ausgebremst aber man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.
Der Deckhengst DELOS (Nasrallah x Daphne v. Darimahn) war unter einem jungen Mädchen in Dressur bis Kl. M platziert.
Shagya-Araber und Kinder
Kinder und Shagya-Araber passt besonders gut zusammen. Die einfühlsamen Pferde stellen sich gut auf die Kinder ein, passen oft auf, diese nicht zu verlieren. Selbst Deckhengste, wie Athos oder Bashir, werden mit Kindern im Voltigieren oder Reitschulunterricht eingesetzt.
Weltausstellungen
1878 feierte Bábolna seinen ersten internationalen Erfolg: von den 20 Pferden, die ungarischen Staatsgestüte zur Weltausstellung in Paris geschickt hatten, erweckten die 4 Vertreter der „Araberrasse“ aus Bábolna allgemeine Bewunderung, so dass eine extra Goldmedaille für die ungarischen Gestüte gestiftet wurde. Auf der Weltausstellung 1900 waren die Araber aus Bábolna die erfolgreichsten unter 1717 Pferden. Sowohl eine Stute als auch ein Hengst der „Araberrasse“ bewegte die Jury, ein extra Grand-Championat zu stiften.
Des Kaisers Pferde
Kaiser Josef II. setzte Czekonics Plan zur Gründung der Shagya-Araber Rasse (damals noch Araber-Rasse genannt) in Kraft und mischte sich mit den Reinzucht-Beschlüssen 1806 und 1836 merklich in die Zucht ein. Bald schätzte sich jeder Offizier glücklich, wenn er einen Shagya reiten durfte. So war zum Beispiel die Leibgarde des Kaisers mit Shagya aus Radautz beritten. Auch für gekrönte Häupter außerhalb Österreich-Ungarns, wie z.B. Kaiser Hirohito bei seiner Krönung, war der Shagya-Araber das Paradepferd. Die Elitepferde der leichten Kavaleri und Galapferde der Palastgarde am habsburgischen Kaiserhof wurden daher auch gern „des Kaisers Pferde“ genannt.
Zuchtleistungen
Araber sind für ihre besondere Härte, Gesundheit, Langlebigkeit und Fruchtbarkeit berühmt. Das ist auch im Shagya-Araber erhalten. So hat zum Beispiel die oben bereits genannte Daphne 17 Fohlen in 18 Zuchtjahren bekommen. Es gibt viele Stuten, die ca. 20 Fohlen bekommen haben. Gute Zuchtstuten weisen daneben ihre sportliche Veranlagung in Zuchtstutenprüfungen nach. Geprüfte und sportlich erfolgreiche Stuten mit hoher Fruchtbarkeit und Nachkommen-Erfolgen können bei der FN in das Leistungsstutbuch eingetragen werden. Seit 1973 ist es nur insgesamt 10 Stuten gelungen, in alle vier Abteilungen des rasseübergreifenden LSTB eingetragen zu werden – eine davon ist die Shagya-Araber Stute THIRZA, Mutter des Basyl. Sie ist wohl die einzige Stute, die im 5. Monat tragend erfolgreich eine Hengstleistungsprüfung abgelegt hat.
Vererbung – Einfluss auf andere Reitpferderassen
Bis heute einflußreich ist der Anglo-Araber Ramzes, dessen Mutter die Shagya-Araber Stute Jordi von Shagya X war. Ramzes wirkte 1951/52 in Holstein, wo er so namhafte Pferde wie Retina/Fritz Thiedemann, Romanus/Hans-Günther Winkler und Ramona/Alwin Schockemöhle zeugte. Später spaltete sich die Ramzes-Linie in zwei bedeutende Stämme auf: Von Holstein aus nahm der Raimond-Ramiro-Zweig weltweite Verbreitung und in Westfalen setzte sich die Radetzky-Nachkommenschaft über Remus I-Romulus I -Romadour II nachhaltig durch, Im großen Viereck verbuchten die Dressurpferde Remus (Harry Boldt), Mariano (Dr. Josef Neckermann) und Tiga (Heinz Lammers) und Rembrandt (Nicole Uphof) große Erfolge. Für die Trakehner Zucht hinterließ Ramzes den Dressurvererber Condus!
Im Landgestüt in Celle hinterließ der Shagya-Araber Czardas 5 gekörte Söhne für die Hannoveraner Zucht. Neben der Hengstlinie Bachus hat der Bajar-Sohn Bazar bei den Trakehnern, den Holsteinern und in Neustaddt/Dosse gewirkt. Andererseits ist die genetische Basis mit den Lipizzanern noch so eng, dass der Elitehengst AMOR im Lipizzanergestüt Piber gewirkt hat.
Die Reinzucht der Shagya-Araber
Der arabische Anteil
Das Stutbuch der Shagya-Araber ist seit 1806 geschlossen, d.h. es dürfen nur noch solche Pferde zur Zucht verwendet werden, deren Eltern selbst Shagya-Araber sind oder die speziell ausgesuchte Vollblutaraber sind. Die meisten heute lebenden Shagya-Araber können 20 oder mehr Generationen ihrer Vorfahren durch die akribischen Aufzeichnungen nachweisen. Das sind in der 20. Generation 2048 Pferde, von denen die meisten Araber sind. So wundert es nicht, das durch DNA-Analysen ein Anteil von über 99 % von arabischen Blut bei Shagya-Arabern nachgewiesen wurde.
9/16 – Regel – Begrenzung Vollblutaraber-Anteil
nicht mindere sondern besondere Qualität: Der Shagya-Araber
Eine strenge Selektion fand statt, man favorisierte „Shagyas“ qualitätsvolle Söhne als Beschäler, da sie arabischen Adel zeigten, aber stärker waren als die Originalaraber. Die Pferde gewannen an Stärke und Tiefe. Man führte 12-monatige Leistungstests unter dem Reiter und vor dem Wagen für zukünftige Zuchtstuten ein. ehe diese Rasse, einst international begehrt als das ideale „Mittelpferd“ und „die Krone der Pferdezucht“, zu den ausgestorbenen Tieren zählt.
Denn die Shagya-Zucht war seit jeher, und ist immer noch, definiert als eine Zucht von Leistungspferden. Deshalb müssen im Gegensatz zum Vollblutaraber, alle Zuchthengste gekört und leistungsgeprüft werden. Wenn Letzteres zusammen mit Warmbluthengsten geschieht, ist es mehrfach vorgekommen, dass der einzige Shagya-Hengst im ganzen Lot gegen alle Warmblüter als Bester abschließt.
Der Kör- und Prüfzwang gilt übrigens auch für die speziell ausgesuchten Vollblutaraberhengste, die zur Blutauffrischung der kleinen Population zugelassen werden. Zusätzlich ist der zugelassene Anteil an Vollblutaraberblut in der Abstammung eines Shagyas streng begrenzt. So dürfen in der 4. Generation, also bei den Ur-Urgroßeltern des Pferdes, maximal 9 von 16 Vorfahren Vollblutaraber sein. Eine Shagya-Stute darf also bei ihren Urgroßeltern nur einen Vollblutaraber in der Abstammung haben, wenn ein gekörter und leistungsgeprüfter Vollblutaraberhengst eingesetzt werden soll.
Diese strenge Qualitätszucht sorgt dafür, dass der Shagya-Araber ein solides Leistungspferd mit deutlich größerem Rahmen und Kaliber als der Vollblutaraber bleibt, mit einem Stockmaß um die 1, 55 m bis 1, 65 m. Dadurch ist er groß und kräftig genug für erwachsene Männer – schließlich wurde er als Offizierspferd gezüchtet – aber auch handlich genug als Reitpferd für Frauen und Kinder.